Zähne putzen

liebevoll aufwachsen - Kind mit lockigem Haar beim Zähneputzen vor einem Holzrahmen-Spiegel in heller, ruhiger Umgebung.

Was, wenn Kinder nicht Zähne putzen wollen?

Du hast schon alles mögliche versucht? Dir wurde auch schon der Ratschlag gegeben, dein Kind (vorsichtig) festzuhalten?
Denn Zähne putzen muss sein!

Ja, muss es, aber eine gewaltfreie Kindheit muss definitiv wichtiger sein, von daher möchte ich dir ein paar Hintergrundinformationen geben, damit du dein Kind besser verstehen kannst, weshalb dein Kind (v.a. in den Morgen- und Abendstunden) nicht das macht, was nötig ist. Nämlich Zähne putzen.
 

Kinder erleben das Zähne putzen als etwas, das sie selbst kontrollieren wollen und können (Mund auf/zu machen). Wie viele hygienische Gegebenheiten ist auch der Toilettengang eine Situation, die das Kind kontrollieren kann und worauf der Erwachsenen schwer einen Einfluss hat.

Vorweg:

Der Körper deines Kindes ist ein empfindlicher und sensibler Bereich. Kinder benötigen in jungen Jahren noch sehr viel Hilfe, v.a. bei der Körperhygiene. Und wenn wir etwas bei unseren Kindern machen, was direkt ihren Körper betrifft, wie wickeln oder Zähne putzen, dann geben Kinder ihre Kontrolle über sich auf. Und je älter Kinder werden, desto seltener (und mit weniger Zustimmung) lassen sie diese Handlungen zu. Vor allem die Mundhöhle ist eine sehr sensible Zone und wie wir Erwachsenen es auch vom Zahnarzt kennen, geben wir ungern die Kontrolle über etwas ab, das wir dann auch nicht sehen können.

Das Zähne putzen an sich kann tatsächlich auch weh tun, wenn Zähne kommen, wenn das Zahnfleisch gereizt ist, wenn man zu fest putzt usw. Da wir als Elternteil etwas putzen, das wir selbst nicht erspüren können, fällt es uns auch nicht immer leicht, den richtigen Druck auszuüben, von daher ist es immer wichtig vorsichtig zu putzen.

Bitte wendet keine Maßnahmen, wie Festhalten, Zwang, Druck usw. an. Kinder haben Respekt, Wertschätzung und ein Recht auf eine gewaltfreie Kindheit verdient. Immer!

Daher kann es schon passieren, dass Kinder eine solche Situation nutzen, um eventuell woanders verloren gegangene Kontrolle eben bei genau dem Zähne putzen wieder zu erlangen. Falls das der Fall ist, bringt festhalten oder Druck ausüben nur noch mehr Frust! Euch sollte klar sein, dass jeglicher Zwang oder ausgeübter Druck auf dein Kind die Situation nur noch verschlimmern und dein Kind dann vermutlich ganz dicht macht.

Verständlich, oder?
Würdest du wollen das dir jemand mit einer Hand den Kiefer aufdrückt und mit der anderen Hand feste deine Zähne schrubbt?

Ja, es macht einen als Elternteil sauer, weil wir, im Gegensatz zum Kind, die langfristigen negativen Folgen von Nichtputzen kennen und vorhersehen können. Unsere Kinder können das nicht. Sie wissen nicht, dass wenn sie eine Zeit lang ihr Zähne nicht putzen, diese dann schlecht werden und sich Karies entwickeln kann.
Kinder leben im Hier und Jetzt und Zähne putzen ist etwas, dass wir Erwachsene erwarten und oftmals zu langweilig für Kinder gestalten.

Laut RKI (Journal of Health Monitoring 2018 3(4)) putzen sich 22,3% der 0 bis 17 jährigen zu selten die Zähne. In dieser „Risikogruppe“ kommen Jungen häufiger vor und je älter die Kinder werden, desto seltener putzen sie. Vermutlich durch fehlende Vorbilder. Daher sollten Eltern unbedingt Vorbild sein und selbst mindestens zweimal täglich für mindestens 3 Minuten die Zähne putzen.

Wenn dein Kind nun eine Phase der Verweigerung hat, dann solltest du vorab nach möglichen Ursachen suchen bzw. vom Zahnarzt deines Vertrauens die Zähne untersuchen lassen, so dass diverse Gegebenheiten wie Aphthen im Mund, Entzündungen oder anderes ausgeschlossen werden können. Hat dein Kind diesbezüglich ein Problem, so kann Zähne putzen sehr schmerzhaft sein und daher sollten die Zähne unbedingt sehr vorsichtig geputzt werden!

Liegt nichts vor, aber dein Kind will einfach nicht die Zähne putzen, musst du kreativ werden. Und da hilft wohl oder übel nur eine spielerische Herangehensweise. Kinder lernen durch Spielen und Nachahmung.

Welche Zahnbürste nutzt ihr?
Wir haben z.B. viele verschiedene und darunter ist eine elektrische, die unser Kind täglich nutzt.
Daneben haben wir 5 verschiedene Motto Zahnbürsten mit unterschiedlichen Kopfstärken. Und wir nutzen 2 verschiedene Zahnpasten.
Unser Kind sucht sich jeden Tag dreimal die Zahnbürste und eine Zahnpasta aus und putzt erst selbst und wir im Anschluss nach! Aber so war es nicht immer. Es gab Phasen, da war es wirklich schwer.

Impulse:

Wir halten fest: Zähne putzen betrifft eine sehr sensible Zone, bedeutet oftmals Kontrollverlust und wird zu Tageszeiten umgesetzt, zu denen Kinder meist die geringste Kooperationsbereitschaft besitzen. 

Aber, es gibt viele spielerische Möglichkeiten, wie du deinem Kind die Zähne putzen kannst. Manchmal liegt es nur an der falsche Zahnbürste oder die Zahnpasta schmeckt nicht. Manchmal fehlt dem Kind die Kontrolle und Selbstbestimmung und manchmal fehlt deinem Kind die Portion Spaß.
Exkurs: Selbstbestimmung und Kontrollverlust:

Ich habe ja schon des Öfteren über die Selbstbestimmung und Selbstwirksamkeit geschrieben. Kinder haben oft das Gefühl von Machtlosigkeit und dass sie über die Situationen keine Kontrolle besitzen. Dieser Zustand führt dazu, dass Kinder nicht mehr kooperieren wollen oder können. Denn Kontrollverlust und Machtlosigkeit frustrieren, stressen einen und stimmen traurig.

Jetzt gibt es aber viele Situationen, in denen wir Erwachsene darauf bedacht sind, dass Kinder etwas machen (zu ihren Gunsten): Zähne putzen, Wickeln, Jacke oder Mütze anziehen oder zum Arzt gehen. Und genau in diesen Situationen streikt ein Kind, sagt „Nein“, wehrt sich und steht für sich ein.
Denn zu oft geben wir den Kindern keinerlei Kontrolle, nicht mal die Möglichkeit, etwas an der Situation zu kontrollieren und zu entscheiden.

Hinzu kommt:

Stellst du eine Frage, dann ist ein „Nein“ eine Antwort, wenn auch nicht die gewünschte.
Daher mein Tipp: Gib deinem Kind die Möglichkeit, aus etwas auszuwählen.

Zähne putzen?

Lass dein Kind die Zahnbürste aussuchen.

Windel?

Lass dein Kind entscheiden, wo gewickelt wird, mit welcher Windel.

Essen?

Biete 2/3 Sachen an.

Nach Hause gehen?

Lass dein Kind de nach Hause Weg wählen.

Raus gehen?

Lass dein Kind wählen, welche Mütze.

Lass dein Kind mit entscheiden.

Involviere dein Kind in den Ablauf und in den Prozess.
Es muss nicht immer die Wahl zwischen 2 Gegenständen sein, es kann auch einen bestimmten Ablauf mit gestalten.

Übergebe deinem Kind so viel Entscheidungsfreiheit und Kontrolle, wie in der Situation möglich ist. Das kommt natürlich auf das Alter an, aber es kann die Kooperationsbereitschaft steigern und stärkt sogar noch ganz nebenbei eure Bindung. Denn dein Kind gewinnt Kontrolle über sich und fühlt sich dadurch wertvoll und in seiner Persönlichkeit gestärkt.

Ich hoffe für euch ist ein passender Ratschlag dabei und ihr könnt entspannter an das Zähne putzen ran.
Falls nicht, dann schreib mir gerne eine
E-Mail und erläutere mir eure Situation, vielleicht kann ich euch weiterhelfen.

Oder ihr schaut euch mein Angebot zur Elternberatung an. Ich unterstütze euch gerne auf eurem Weg.

Hier gibt es die Spielekarten 🙂

Drucke und schneide die Karten aus (es gehören immer zwei zusammen) und laminiere sie am besten ein.
Nun gestaltest du mit den Karten und eventuell anderem Spielzeug einen Zahnputz-Korb, der immer dann zum Einsatz kommt, wenn dein Kind die Zähne putzen soll. In diesem Korb können meine Karten sein, Bilderbücher oder zum Beispiel auch Malstifte für das Waschbecken (auf Wasserbasis). Dein Kind darf entweder ein Spielzeug oder eine Karte ziehen, sich aussuchen oder du gibst deinem Kind die Wahl zwischen zwei Sachen. Schaut einfach was für euch am besten ist.

Beitrag teilen:

Aktuelle Beiträge